Wie ich ungewollt zur Stoffwindel-Expertin werde – von der ersten Information bis zum selbst genähten Wickel-Set

Hier könnt ihr den derzeitigen Stand unseres Weges zum Wicklen mit Stoffwindeln nachlesen. Noch sind wir nicht am Ende angekommen, aber die Ziellinie ist (vermutlich) in Sicht. Deshalb möchte ich euch nun teilhaben lassen an meinen bisherigen Erkenntnissen in der Hoffnung damit der/dem ein oder anderen etwas durch den Informationsdschungel zu helfen:

Zur Vorgeschichte

Stoffwindeln sind zur Zeit wieder total hip. Zugegeben, die Bilder der bunten Windelpopos in all den Elterncommunities sind auch wirklich zuckersüß. Die Vorteile liegen scheinbar auch auf der Hand. Neben diesem Süßaussehen werden Ressourcen gespart und der Geldbeutel freut sich auch noch – absolute Win-Win-Situation also. In diesem Tenor sind zumindest ein Großteil dieser Stoffwindel-Beiträge verfasst. Wie ihr wisst, mag ich aber überhaupt keine einseitigen Darstellungen, oder Dogmatismen und genau solche witterte ich beim Thema sofort, häufig auch in Zusammenhang mit esoterisch angehauchten Erzählungen über massiv gefährdende Schadstoffe in Einwegwindeln mit denen Eltern ihre Kinder quälen. Die Fülle an unterschiedlichen Informationen im Netz, die durchgehend eher missionierenden Berichte von Nutzer*innen und der massiv hohe Erstanachaffungspreis schreckte mich vor dem Einzug der Hummel schnell davon ab mich näher mit dem Thema zu befassen. Ich hatte das Gefühl sehr viel Zeit in die Informationsgewinnung stecken zu müssen, um einigermaßen abschätzen zu können, ob Stoffwindeln für uns praktikabel sind, oder nicht und dazu hatte ich damals nun wirklich keine Zeit.

Im Herbst 2018 fand dann hier in der Gegend ein Flohmarkt statt, den wir besuchten. Wir hatten uns inzwischen als Familie einigermaßen eingelebt. So war ich durchaus interessiert, als ich an einem Stand ein paar Stoffwindel-Utensilien sah. Ich ließ mir das System der Firma ‚Das bewegte Kind‘ von der Standbesitzerin erklären und erfuhr, dass es sich um zwei sogenannte Überhosen und fünf Einlagen handelte. Die Überhosen haben die Form ganz normaler Wegwerfwindeln und sind größenverstellbar (also mitwachsend) . Geschlossen werden sie mit CamSnaps. Die Einlagen werden ebenfalls mit CamSnaps in die Überhosen geklippt und bestehen aus sehr saugfähigen Material. Solange die Außenwindel sauber ist, muss somit nur die Einlage getauscht werden. Zum Set gehörte außerdem noch ein so genannter ‚WetBag‘ in welchem die benutzen Einlagen verstaut werden können, wenn mensch unterwegs ist. Der Preis von ca. 20€ erschien uns sehr angemessen und so schlugen wir trotz der Rosalastigkeit der Stoffe zu.

Das bewegte Kind

Zuhause recherchierte ich ein wenig im Internet und erfuhr, dass über die Einlagen ein so genanntes Windelflies gelegt wird. Dabei handelt es sich um eine Art überdimensionale Klopapierrolle mit besonders reißfestem Papier. Dieses wird nach jedem Windelwechsel entsorgt und verhindert so ein zu starkes Verschmutzen der Einlagen. Für kleines Geld bestellte ich eine Rolle und als diese wenige Tage später bei uns eintraf wurde die Hummel das erste Mal mit Stoff gewickelt. Dabei stellte sich schon das Anlegen der Windel durch die Vielzahl an Druckknöpfen als kleine Herausforderung dar. Tja, und kurze Zeit später mussten wir nicht nur die Windel erneut wechseln, sondern die Hummel einmal komplett umziehen. Die Stoffwindel hatte nicht dicht gehalten. Wir schlossen daraus, dass die (sehr schmächtige) Hummel einfach noch zu klein für die One-Size-Stoffwindeln sei und so landeten diese wieder im Schrank. In unregelmäßigen Abständen wiederholten wir das Experiment, leider mit dem immer gleichen Ergebnis. Nach dem dritten gescheiterten Versuch, beschloss ich mich nun doch ausführlicher mit dem Thema zu beschäftigen und fing an zu recherchieren.


Informationssammlung

Stoffwindeln sind nicht mehr das, was sie noch vor zwanzig oder dreißig Jahren waren. Früher wurden einfach Mulltücher speziell gefaltet, um den Poo gebunden und in manchen Fällen noch mit Bändern fixiert. Natürlich kann mensch auch heute noch diese Art von Stoffwindeln nutzen, aber im Vergleich zu Wegwerwindeln sind sie sehr unpraktisch, denn sie können nur einen Bruchteil der Flüssigkeit aufnehmen und haben keinen Nässeschutz nach außen. Außerdem sind sie komplizierter in der Handhabung. Neuere Stoffwindelsysteme versprechen einen trockenen Windelpoo bei ebenso häufigen bzw. seltenen Windelwechsel wie bei Einwegwindeln und eine eben so leichte Verwendung. Möglich wird das durch neue Materialien wie beispielsweise wasserundurchlässigen Stoffen und sehr saugfähigen Fleccen. Als ich mit meiner Recherche zu dieser neuen Art der Stoffwindel begann, bemerkte ich schnell wie schwer es ist neutrale Informationen zum Thema zu erhalten. Die meisten Informationsseiten im Web werden von Stoffwindel-Manufakturen betrieben und wollen zum Kauf der eigenen Produkte anregen. Auch eine Vielzahl der Blogeinträge auf mehr oder weniger privaten Elternblogs sind von diesen Firmen gesponsert oder zumindest beeinflusst. Aus diesem Grund verzichte ich hier auf die Nennung der vielen Youtubevideos, Blos und Homepages die ich zur Informationsgewinnung durchforstete. Einzig der Youtube-Kanal „Windelwissen“ scheint mir differenzierte, (größtenteils) nicht-markengebundene Informationen zu Systemen und Möglichkeiten zu geben, weshalb ich ihn hier verlinken möchte.

Jede Manufaktur hat ein eigenes Stoffwindelsystem, welches selbstverständlich nicht kompatibel ist mit dem der anderen. So ist mensch beim Kauf darauf angewiesen, alle Utensilien von ein und dem selben Hersteller zu beziehen. Diese verkaufen deshalb so genannte Komplettpakete für die gesamte Wickelzeit, welche gut und gerne bis zu 700€ kosten können. Die Fülle an Fachausdrücken und Abkürzungen die in diesem Zusammenhang durchs Internet schwirren trägt auch nicht zur Vereinfachung des Ganzen bei. Da gibt es AIO und PULL, All-in-3, Prefolds, oder Pockets, um nur ein paar Eindrücke in das Universum Stoffwindel zu geben. An diesem Punkt war ich bereits sichtlich genervt von der ganzen Geschichte, aber ich kämpfte mich weiter und kann euch nun hier eine kurze Zusammenfassung der gängigen Stoffwindelsysteme geben:

Jede Stoffwindel besteht im Kern aus einer Überwindel (in Form einer Wegwerfwindel) und einer Saugeinlage. Die Unterschiede ergeben sich durch die Art wie diese beiden Elemente verbinden werden und den jeweils verwendeten Materialien.

AIO (All-in-Ones)
Diese funktionieren wie ganz normale Wegwerfwindeln. Die Saugeinlage ist fest mit dee wasserundurchlässigen Außenwindel vernäht. Dadurch ist die Anwendung sehr einfach. Demnach muss aber auch bei jedem Wickeln die komplette Windel getauscht und die Benutzte gewaschen werden. Aufgrund der Dicke der Stoffe trocknen sie schlecht.

Pocket-Windeln
Pocketwindeln sehen aus wie AIOs mit dem Unterschied, dass sie eine Öffnung besitzen über welche die Saugeinlage entfernt werden kann. Dadurch können unterschiedliche Einlagen je nach Bedarf genutzt werden (z.B. nachts dickere Einlagen) und die Windeln trocknen dadurch auch schneller. Sie müssen jedoch ebenfalls nach jedem Wickeln gewaschen und anschließend wieder befüllt werden.

Wasserdichte Überhosen mit Einlagen
Bei diesem Windeltyp sind wasserfeste Überhose und Einlage komplett voneinander getrennt. Die Einlagen werden entweder einfach in die Windeln gelegt, oder mit Hilfe von Laschen bzw. CamSnaps (dann häufig als Snap-in-Ones – also SIO bezeichnet) dort zusätzlich fixiert. Die Einlagen können somit wie bei Pockets je nach Bedarf angepasst werden. Der große Vorteil dieses Typs ist aber vor allem, dass beim Wickeln nur die Einlage getauscht werden muss und die Überhose erst dann gewaschen wird, wenn sie dreckig ist.

All-in-three (AI3)
Wie der Name schon vermuten lässt besteht dieses System aus drei Komponenten. Die Außenwindel muss hier nicht wasserdicht sein, da in diese noch eine wasserdichte Tasche eingeknöpft wird. In diese Tasche werden anschließend die Einlagen gelegt. Die Stoffwindel ist sehr auslaufsicher und da es sich beim Außenstoff um normale Baumwolle handelt, gibt es sie in unendlich vielen Designs. Das Vorbereiten der Windel ist jedoch sehr viel aufwändiger.

Wollüberhosen mit oder ohne Einlagen
Zu guter letzt gibt es noch gestrickte Windeln. Diese sind von Natur aus sehr saugfähig und müssen daher nicht unbedingt mit Einlagen ausgestattet werden. Nach Gebrauch werden sie nur gelüftet und ab und an mit Wollwachs ‚gefettet‘. Hierdurch werden sie wasserdicht.


Auch bei den Einlagen gibt es große Unterschiede. Wärend mensch bei AIOs keinen Einfluss auf die verwendete Einlage hat, kann diese bei allen anderen Systemen selbst ausgewählt werden. Häufig passen jedoch nur die zur jeweiligen Stoffwindel-Manufaktur gehörigen Einlagen wirklich gut.

Einlagen in Hygienebindenform
Das ist die wohl am häufigsten verwendete Form von Einlagen. Je nach Dicke haben sie jedoch lange Trocknungszeiten. Manche Einlagen besitzten Druckknöpfe mit denen sie in die Üerhose geklippt werden. Die Materialien können sehr variieren, dazu aber später mehr.

Prefolds
Diese aus Amerika stammenden Einlagen haben etwa das Aussehen von dickeren Mulltüchern. Sie müssen vor der Benutzung an den markierten Stellen gefaltet werden. Dadurch sind sie dünner als andere Einlagen und trocknen schneller. Es gibt sie in verschiedenen Größen, damit sie in die jeweiligen Windel gut hineinpassen.

Höschenwindeln
Höschenwindeln sehen aus wie AIOs, haben jedoch keine wasserdichte Außenschicht. Sie können somit nur mit einer Überhose (sozusagen Windel über Windel) getragen werden. Vor allem bei großen Wickelintervallen (z.B. nachts) halten sie aber zuverlässig trocken.

Mullwindeln
Die traditionellste Form der Saufeinlage ist die Mullwindel. Sie kann entweder um den Po gewickelt, oder einfach nur längs gefaltet ähnlich der Prefolds verwendet werden. Mullwindeln sind sehr günstig und trocknen auch schnell. Sie sind aber weniger saugfähig als andere Einlagetypen.

Sonstiges
Der Vollständigkeit halber möchte ich darauf hinweisen, dass erst einmal jede Art von Stoff als Einlage verwendet werden kann. Eine gute Einlage ergibt sich aus einer hohen Saugfähigkeit in Kombination mit einer geringen Trocknungszeit.


Nach Beendigung dieser ersten Recherchephase war es mir endlich möglich, mich differenziert für ein Stoffwindelsystem zu entscheiden. Am für uns passendsten erschien mir die Variante der wasserdichten Überhose mit Einlagen, denn das Präparieren der Windel nimmt nicht so viel Zeit in Anspruch wie bei AI3`s und ein getrenntes Waschen von Einlage und Überhose ist möglich. Das ist nicht nur in der Anschaffung günstiger (es werden generell weniger Überhosen benötigt), sondern spart auch beim Waschen Ressourcen. Die von uns auf dem Flohmarkt erworbenen Stoffwindeln funktionieren nach diesem Prinzip, aber mir ist inzwischen klar, dass die dazugehörigen Einlagen viel zu dünn sind und somit nicht genug Feuchtigkeit aufnehmen können – daher das schnelle Auslaufen bei unseren vergangen Versuchen. Außerdem bin ich kein Fan des One-Size-Konzepts der beiden Windeln. Die Anpassung auf die Körpergröße des Babys erfolgt hier erneut durch Druckknöpfe (an unserer gekauften One-Sitze sind insgesamt 24 Druckknopfteile verbaut!). Hierdurch wird meiner Meinung nach die Auslaufsicherheit weiter eingeschränkt.

Nun machte ich mich also differenzierter auf die Suche nach für uns geeigneten Stoffwindeln und war aufs neue schockiert von den Preisen. Selbst wenn wir jeden Tag nur eine Überhose benötigen sollten, wäre ein Vorrat von ca. sechs Überhosen in jeder Größe (die Hummel trägt derzeit Windelgröße 4) unumgänglich. Bei einem durchschnittlichen Preis von 15-20€ pro Überhose, ergibt sich hierdurch bereits ein stolzer Preis (6 x Größe 4; 6 x Größe 5; 6 x Größe 6). Außerdem benötigen wir vermutlich an die 30 Einlagen (fünf für jeden Tag) zu 3-5€ das Stück. Das ergäbe in unserem Fall Gesamt-Anschaffungkosten von ca. 400€. An dieser Stelle beginnt der vierte Teil meines Stoffwindel-Abenteuers, denn meine Lösung zum Umgehen dieser Kostenschleuder sah Selbstnähen vor.


Nähen von Stoffwindeln

Selbstverständlich hatten schon viele Personen vor mir die Idee ihre benötigten Stoffwindeln selbst zu nähen. Dennoch ist der Schritt von der gekauften Stoffwindel zur selbstgemachten etwas größer als bei anderen Kleidungsstücken, denn es werden hierzu einige besondere Materialien benötigt. Eine gute Übersicht hierzu fand ich bei www.windelwissen.de. Aus diesem Grund verlinke ich euch diesen Artikel, auch wenn es sich bei besagter Seite (wie sollte es anders sein) auch wieder um einen Stoffwindelshop handelt. Der erste Schritt zur selbstgenähten Stoffwindel ist selbstverständlich die Wahl eines geeigneten Schnittmusters. Die gerade verlinkte Internetseite bietet eine kleine Anzahl an Links (die teilweise nicht mehr funktionieren) zu Stoffwindel-Schnittmustern an. Leider konnte mich kein einziges von den noch verfügbaren wirklich begeistern. Eine Vielzahl von diesen stammt aus dem englischsprachigen Raum. Ich beherrsche generell ein recht gutes Englisch, aber der Gedanke bei einem mir so neuen Thema mit einer Vielzahl an mir unbekannten Fachbegriffen auf eine englischsprachige Anleitung angewiesen zu sein, behagte mir nicht. Erneut ging es ans Recherchieren. Dabei wurde häufiger das Freebook ‚HokusPOPOkus‘ von Sewsalabim empfohlen, welches aber inzwischen nicht mehr kostenlos zur Verfügung steht. Über diese Fährte fand ich jedoch den Etsy-Shop von Sewsalabim (oder tiKKeljes), in welchem sie besagtes Schnittmuster für einen Euro anbietet. Außerdem findet sich dort das Schnittmuster WindiVa von ihr. Dabei handelt es sich um die neue und verbesserte Form der HokusPOPOkus. Ich entschied mich für die aktuellere (aber auch etwas teurere) Windelvariante.

Im Abgleich mit dem oben Verlinkten Internetartikel und dem Schnittmuster machte ich mich nun an den Kauf der benötigten Materialien. Der Bezug von diesen ist jedoch garnicht so einfach, da es sie kaum in den altbekannten Stoff-Onlineshops gibt. Ich bestellte daher über den kleinen Onlineshop der Internetartikelverfasserin (https://stoffwindelei.de/), in welchem sie hauptsächlich Materialien zum Selbstnähen für Stoffwindeln verkauft. Die Auswahl (an Stoffen) ist dort auch nicht riesengroß, aber mensch bekommt alles an einem Fleck. Für spätere Materialbestellungen werde ich wohl auch andere Shops ausprobieren. Im Detail habe ich für meine Variante (Überhose mit Einlage) folgendes Material bestellt, wobei ich noch nicht endgültig zufrieden bin:

PULL-Stoff
Dieser besondere Stoff macht den eingentlichen Unterschied zwischen neuen und alten Stoffwindelvarianten. PULL, das steht für Polyurethan laminated, ist also ein Stoff, der dünn mit einem Plastik beschichtet ist. PULL ist einerseits wasserundurchlässig, aber andererseits auch atmungsaktiv. Er wind bei modernen Stoffwindeln für die Außenwindel benutzt. Es gibt ihn mit unterschiedlichen Motiven, wobei die Auswahl nicht riesig ist. Vor allem die Suche nach geschlechtsneuralen Farben und Motiven war für mich etwas schwierig.

Bambusviskose (manchmal mit Hanf gemischt)
Diese Stoffe sind besonders saugstark. Sie werden für die Einlagen drei – sechslagig zusammengenäht (je nach gewünschter Saugstärke). Ich habe mir zum ersten Rantasten sowohl reinen Bambus-Fleece, als auch Babus-Hanf-Fleece bestellt. Der teurere Preis des zweiteren macht sich bereits haptisch bemerkbar. Vernäht habe ich bis jetzt allerdings nur den Bambus-Fleece. Mit dem (vierlagigen) Ergebnis bin ich schon recht zufrieden.

Falzgummi (FOE)
Falzgummi könnt ihr euch wie Schrägband vorstellen, nur elastisch und wasserundurchlässig. Es wird zur Einfassung des Pull-Stoffs benötigt und ist in vielen Farben verfügbar.

Windelklett
Dieses Klettband ist etwas dicker und stabiler als gewöhnlicher Klettverschluss. In besagtem Shop ist es möglich Zuschnitte zu bestellen, bei welchen mehr vom weichen Material, als von dem mit Haken geliefert wird. Das ist beim Nähen von Stoffwindeln mit Klettverschluss sehr praktisch. (Kurze Anmerkung: Wir haben uns für die Variante mit Klett und gegen CamSnaps entschieden, da Klett unserer Meinung nach einfacher zu handhaben ist)

Sonstiges
Außerdem benötigte ich zum Nähen noch ein paar CamSnaps (+ Zange) und wasserundurchlässigen Nylonnähgarn. Das hatte ich aber beides bereits zuhause.

Das von mir gekaufte Schnittmuster WindiVa lässt sich als AIO, als Pocketwindel oder als Überhose mit Einlagen nähen. Alle drei Varianten können zusätzlich mit sogenannten Gussets (zusätzlichem Auslaufschutz an den Oberschenkeln) versehen werden. Das Schnittmuster beinhaltet die Größen >Newborn<, S, L, M und XL, sowie eine OneSize-Größe. Ich habe mich für die Größe M (5 – 10 kg) entschieden, da die Hummel derzeit um die sieben Kilogramm wiegen dürfte. Das Nähen der Windeln fiel mir nicht besonders schwer. Erst wird der Klettverschluss an den richtigen Stellen angenäht, dann die Gussets mit stark gedehntem FOE eingefasst. Diese werden anschließend an die Beinöffnungen genäht. Als letztes wird noch die gesamte Außenkannte der Windel mit dem FOE eingefasst, wobei dieses am Rücken und den Beinöffnungen gedehnt und an sämtlichen anderen Strecken ohne Dehnung angenäht wird. Der PULL-Stoff lässt sich allerdings durch die Beschichtung nicht problemlos vernähen. Hier wäre wieder einmal ein Teflonnähfuß eine sinnvolle Anschaffung gewesen. Noch schrecke ich aber vor dem hohen Preis der Bernina-Nähfüße zurück. Na, mal sehen…

Obwohl mir das Nähen gut gelang, hätte ich mir eine genauere Anleitung hierzu gewünscht. In der Nähanleitung zur WindiVa wird nur das Nähen einer Pocketwindel ausführlich erklärt. Für alle anderen Nähvarianten gibt es lediglich eine Tabelle mit Kurzinformationen und wenigen Bildern. Das Nähen einer Überhose ist meiner Meinung nach jedoch wenig vergleichbar mit dem Nähen einer Pocketwindel. Vor allem die Anleitung zum Annähen der Gussets war mir zu knapp. Dies gelang mir erst bei der zweiten Windel fehlerfrei. Insgesamt entstanden drei Überhosen nach diesem Schnittmuster:

Anschließend machte ich mich an das Nähen der Einlagen. Für meinen ersten Versuch wählte ich die Hygienebindenform nach der Vorlage des VindiVa-Schnittmusters. Ich Schnitt die Form vier Mal zu und umnähte die Lagen einfach mit der Overlockmaschine (Ja, die ist neu 😉). Für meinen Geschmack hat dieses Vorgehen jedoch zwei Nachteile. Zum einen ist der Stoffverbrauch ziemlich hoch (und diese Babusstoffe sind nicht gerade günstig) und zum anderen ist die Einlage so recht dick. Bei Kindern mit Vulva muss die Windel vor allem mittig sehr saugfähig sein, bei Kindern mit Penis eher vorne. Eine überall gleich dicke Windel ist demnach eigentlich garnicht sinnvoll, sondern stört nur beim Bewegen. Aus diesem Grund wählte ich für uns einen anderen Weg.

Wir besitzen jede Menge Mulltücher. Diese haben wir teilweise, bevor die Hummel bei uns einzog, gekauft und teilweise geschenkt bekommen. Sie kosten nicht viel, gebraucht bekommt mensch sie fast hinterhergeworfen. Für sich alleine sind Mulltücher nicht so saugfähig wie die  Bambusstoffe, aber in Kombination mit diesen dürfte sich daraus etwas machen lassen, dachte ich mir. So faltet ich unseren alten Mulltücher zu Einlagen und umnähte diese mit meiner Overlockmaschine. Die neu entstandenen Mulleinlagen benötigen zwar etwas mehr Trocknungszeit als Mulltücher, aber dafür müssen sie vor dem Gebrauch nicht mehr gefaltet werden. Für eine Einlage brauchte ich in der Herstellung keine fünf Minuten. Zugegeben, ich achtete auch nicht besonders auf gerade Nähte, sieht ja hinterher eh niemand mehr. Nach diesem Prinzip wurden in der letzten Zeit aus allen alten Mulltüchern neue Stoffwindeleinlagen. Aus den teureren Bambusstoffen nähte ich rechteckige Saugpads, welche mithilfe von CamSnaps in die Überhosen eingeklippt werden und somit nicht verrutschen können.

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Die Stoffwindeln der Hummel bestehen somit aus insgesamt vier Komponenten. In die Überhose wird mittig besagtes Saugpad geklippt. Darüber kommt eine hygienebindenförmige Einlage aus Mullstoff und als oberste Schicht das Windelflies. Dieser Aufbau hat für uns folgende Vorteile:

 

1. Die Windel hat mittig zwischen den Beinen die meiste Saugkraft.
2. Im Po- und Genitalbereich trägt die Windel nicht zu sehr auf, da hier nur die Mulleinlage liegt.
3. Durch das Windelflies kann der gröbste Dreck einfach entfernt werden. Dieses Blatt Papier ist unser Kompromiss zwischen Praktikabilität und Umweltfreundlichkeit.
4. Die Überhose muss nur gewaschen werden, wenn sie dreckig ist.
5. Das Preis-Leistungs-Verhätlnis ist durch das Selbstnähen, sowie die Verwendung von alten Mulltüchern unschlagbar.

Noch ist es uns nicht möglich zu 100% mit Stoffwindeln zu wickeln, da ich aus Zeitgründen noch nicht genug Saugpads nähen konnte. Das wird sich aber hoffentlich noch in den nächsten Tagen ändern. Außerdem könnte es sein, dass wir auf längere Sicht noch eine oder zwei weiteren Überhosen in Größe M benötigen. Dafür werde ich allerdings noch einmal auf die Suche nach einem anderen Schnittmuster gehen. Ich hätte gerne Laschen an der Stoffwindel, mit welchen mensch die Mulleinlagen und das Windelflies fixieren kann. Es gibt Stoffwindeln, die soetwas haben, also muss es da doch auch ein passendes Schnittmuster geben…

Verlinkt in: Menschen(s)Kinder, Kiddikram
Schnittmuster: Stoffwindel „WindiVa von Sewsalabim; Einlagen nach eigenem Schnitt
Stoffe: PUL-Stoff-Panel „Punkte“ in Gelb von Stoffwindelei;  PUL-Stoff „Fuchs und Hase“ von Stoffwindelei (nicht mehr verfügbar); PUL-Stoff „Waschbär“ von Stoffwindelei (nicht mehr verfügbar); schweres Bambus-Fleece von Stoffwindelei; superschweres Bambus-Hanf-Fleece von Stoffwindelei; FOE-Band und Windelklettverschluss ebenfalls von Stoffwindelei

Es handelt sich bei obigen Blogbeitrag um einen redaktionellen Text. Ich stehe mit den genannten Firmen in keinerlei kommerzieller Verbindung; die Nennung der Namen/Marken erfolgt lediglich zur Information meiner Leserinnen, da ich dies selbst als wertvoll für den kreativen Prozess empfinde.

 

5 Kommentare zu „Wie ich ungewollt zur Stoffwindel-Expertin werde – von der ersten Information bis zum selbst genähten Wickel-Set

  1. Meine Freundin benutzt schon lange Stoffwindeln und näht auch selber. Sie hat dieses Schnittmuster: https://www.fluff-store.de/naehanleitungen/stoffwindeln/

    Ausserdem hat sie mir noch folgendes zu den Einlagen geraten:

    Als Einlage in den überhosen verwende ich mullwindeln von xkko entweder alte Zeiten oder lux. Und dazu ikea Waschlappen als buster.
    Für die Nacht kommt noch eine hampf Einlage mit dazu.
    In den pockets benutze ich prefold mit ikea Waschlappen.
    Und weil es leichter zu reinigen ist beim großen Geschäft benutze ich noch immer die little lamb fleeceliner.
    Vielleicht konnte ich helfen…

    Lg Kaya

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    1. Danke für die zusätzlichen Tipps! Deine Freundin scheint sich da auch schon ganz schön viele Gedanken zum Thema gemacht zu haben! Vor allem der Schnittmusterlink hilft mir sehr weiter!

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  2. Respekt, dass du dich durch den Irrwald an Informationen geschlagen hast. Ich habe das damals bei meinem ersten Kind versucht und nach ein paar Monaten rumprobieren, zu hohen Kosten und immer wieder unerklärtem Auslaufen aufgegeben. Finde ich im Nachhinein manchmal immer noch schade.
    Aber bei euch klingt das jetzt ja sehr vielversprechend. Viel Erfolg weiterhin 🙂

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    1. Hallo Peppa 🙂
      Da hast du ja leider genau die gleichen Erfahrungen gemacht wie ich. Es tut immer gut zu lesen, dass es anderen auch so geht wie einem selbst! Ich hoffe, dass wir inzwischen einen guten Weg für uns gefunden haben!

      Liebe Grüße

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  3. Hallo.

    Ich finde deinen Artikel echt super! Genau die richtigen Infos und verständlich erklärt. Ich hab viel über Stoffwindeln hesucht, dein Beitrag ist der Beste! Toll!! 😊
    Ich möchte es jetzt auch so versuchen wie du, das klingt einleuchtend! Kannst du mir sagen, wie und wo du die Saugpads einklippst? Und die Mulleinlage verrutscht nicht?

    LG Liah

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